Wurzel- und Knollengemüse machen selten eine gute Figur. Im dunklen Erdreich daheim sind die unförmigen bis schwergewichtigen Geschöpfe meist runzlig, manchmal warzig, haarig und pickelhart. Das hat ihnen im Laufe der Geschichte denn auch zahlreiche Spottnamen eingebracht. Als «Rösslerkartoffel», «Pestnake» und «Spargel für arme Leute» wurden etwa Topinambur, Pastinake und Schwarzwurzel verunglimpft.
Wurzelgemüse: Unterirdisches himmlisch gut
Dass die Verschmähten im Zeitalter genormter Schönheit dennoch weiterexistieren respektive seit ein paar Jahren in der Küche sogar reüssieren, hat mehrere Gründe. Zum Beispiel verkörpern sie buchstäblich die Antithese zur Globalisierung: zurück zu den Wurzeln. Erstens stammen die Gemüse grösstenteils aus heimischem Boden. Zweitens sollen schon die ersten Frühmenschen für ihr leibliches Wohl Wurzeln ausgebuddelt haben. Laut Kulinarik-Historikern gelten Erdgemüse seit Menschengedenken als eine der wichtigsten Nahrungsquellen. Zwar handelt es sich bei gewissen Arten wie Topinambur und Süsskartoffeln nicht um die Wurzeln selbst, sondern um Rhizome, Auswüchse in Form von Speicherknollen. Die inneren Werte sind jedoch bei allen Unterirdischen überirdisch gut. Pflanzen speichern essentielle Inhaltsstoffe nämlich in den Wurzeln. Ein langwieriger Prozess, der sich im gemächlichen Wachstum der Wurzel- und Knollengemüse spiegelt und ihnen darum eine hohe Energiedichte beschert. Will heissen, Erdgemüse sind nahrhafter als die meisten Sonnenanbeter unter den vegetarischen Essfreuden. Zudem enthalten sie wenig Wasser. Dadurch wirken sie wärmend und sind somit der ideale Brennstoff bei Frösteltemperaturen.
Heute haben Wurzel- und Knollengemüse sowohl in der Alltagsküche als auch in der Spitzen- und Trendgastronomie ihren festen Platz. Das Angebot ist entsprechend vielfältig. Selbst Köstlichkeiten, die einst verspottet und zwischenzeitlich fast vergessen worden sind, etwa Pastinake, Topinambur und Petersilienwurzel, gibt es wieder. Zur Freude der Geniesser, da die Gemüse heute kreativ gewürdigt und nicht mehr bloss zu Mus verkocht werden, wie dies im Mittelalter üblich war – von diesem Mus leitet sich übrigens etymologisch das Wort Gemüse ab. Kulinarisch haben Wurzel- und Knollengemüse enorm viel zu bieten. Zum einen variieren die Aromen von mild und fruchtig bis erdig-würzig und scharf. Zum andern schmecken sie subtil süss, wodurch sie auch bei Kindern gut ankommen. Ein Grossteil von ihnen lässt sich zudem auch roh geniessen, zum Beispiel als Carpaccio oder Wintersalat. Dazu gehören etwa Karotten, Meerrettich, Randen, Radieschen, Zwiebeln, Kohlrabi und Knollensellerie. Andere Knollen wie Kartoffeln und Süsskartoffeln brillieren in Suppen, Eintöpfen, Ofengemüse, als Snack oder gar als eigenständiges Hauptgericht. Tatsächlich sind Wurzel- und Knollengemüse so vielseitig, dass sich daraus locker ein abwechslungsreiches und abgerundetes Mehrgangmenü zaubern lässt.
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